KP - Posch-Okarinas aus Österreich

(c) stennes-falter

 

Kurt Posch (*2.10.1953), der Musiker und Okarinabauer aus Österreich, ist längst ein Urgestein der Okarinaszene. Er gehört zu der Handvoll erfahrener europäischer Senioren, die während der letzten Jahrzehnte Okarinaspieler mit immer besser werdenden Instrumenten versorgten. Wie lange noch? Das hängt davon ab, wie lange er im Pensionsalter noch fit bleibt und ihm das Hobby, das "irgendwann eine Eigendynamik entwickelte" noch Spaß macht.

Kurt Posch, ehemals hauptberuflich als Lokomotivführer unterwegs, lernte die Kunst des Okarinabaus in seiner Freizeit als Autodidakt. Er ist nicht der einzige, der als Musiker auf der Suche nach guten Instrumenten irgendwann diesen Weg einschlug, um Okarinas seinen Vorstellungen entsprechend zu optimieren. Sein Ziel umreißt er mit folgenden Worten:

"Von Anfang an war es mein Ziel, Okarinen zu bauen, die einen edlen Klang, perfekte Stimmung und eine ausgewogene Intonation aufweisen."

Um dieses Ziel zu erreichen, suchte er den Austausch mit Flöten- und Orgelbauern sowie anderen Okarinamusikern.

Der Pensionär war und ist ein Tüftler, dem es viel Freude bereitet, Wünsche von Musikern aufzugreifen und neue Ideen zu entwickeln. So schuf er im Laufe der Zeit mehrere Okarinamodelle, die er auf seiner Webseite zum Verkauf anbietet.

Seine klassische Konzert-Okarinaform, die er mit Hilfe eines Kegels formt, nennt er "Modell Budrio". Die kleinen Okarinen haben wie die Klassischen Vorbilder 10 und die großen Bass-Okarinen 8 Grifflöcher. Sie werden mit dem italienischen Griffsystem gespielt.

Eine von Kurt Posch entwickelte Variante dieses Modells mit Leitton (in C-Dur das H) nennt er "Modell Plus". Das sind 9-Loch-Okarinas mit einem Subhole, welches vom linken kleinen Finger gespielt wird. (Notenhefte für das "Modell Plus")

Seit 2017 bietet er als dritte Variante das Modell Japan mit 11 Grifflöchern und asiatischem Griffsystem an. In Budrio sah ich diese Okarinas auch mit 12 Grifflöchern. Die Japan-Okarinas von Kurt Posch haben einen flachen Körper und werden in Schalen geformt. 

Jedes dieser Okarinamodelle ist in verschiedenen Tonlagen erhältlich.

Aufträge für Spezialmodelle interessieren Kurt Posch sehr, denn er experimentiert gerne. In den letzten Jahren tüftelte er verschiedene Formen von Doppelokarinen aus. In Budrio zeigte er 2019 seine Prototypen.  Das Foto dieser Instrumente stellte Kurt Posch zur Verfügung. Herzlichen Dank dafür! (Bilder zum Vergrößern anklicken)

Die mittlere der drei Doppelokarinas steht mir für Tests zur Verfügung.

Bei diesem Modell wurde der Tonraum der 10-Loch-Okarina mit einer einhändig zu spielenden Kammer nach unten erweitert.

Die G2-Okarina hat den Tonraum g'' bis c'''' (= G5 bis C7). Die angehängte Kammer hat 4 normale Grifflöcher und ein Subhole. Die 4 normalen Grifflöcher sind genauso wie die einer C3-Okarina intoniert und mit dem Subhole erreicht man h' (=B4). Die mit der rechten Hand zu spielenden Grifflöcher ergeben also die Töne h' bis g'' (= B4 bis G5). Der Tonraum dieser Okarina umfasst 2 Oktaven +1 Halbton darunter. Damit entspricht dieser Tonraum ziemlich genau dem Tonraum einer Sopranblockflöte in C.

Ein Pendant zur Altblockflöte könnte geschaffen werden durch die Kombination von F4- und C3-Okarina (e' bis c'' / c'' bis f''').

Für die Volksmusik ist so eine Ausgestaltung des Tonraums ein sehr interessanter Ansatz.

 

Kurt Posch sieht seine Anfänge im Okarinabau sehr kritisch. Da habe er manches erst einmal gar nicht so gut gemacht, erzählt er. Der Austausch mit Flöten- und Orgelbauern hat ihm sehr geholfen, seine Instrumente zu verbessern. Auch die regelmäßigen Treffen mit Okarinaspielern und Okarinabauern auf den Okarinafestivals waren und sind ihm sehr wichtig.

 

Ich kenne von ihm nur Instrumente der letzten Jahre. Das sind sehr sorgfältig gearbeitete Tonflöten mit einem schönen Klang und sehr angenehmen Spieleigenschaften. Die Instrumente von Kurt Posch sind wunderbare Partner in der "Stubenmusi", wie man im Alpenland sagt. Der feine klare Ton harmoniert sehr gut mit Saiteninstrumenten wie Gitarre, Zither oder Hackbrett.

Ein Quartett des Modell Japan

Als ich Ende April 2019 in Budrio die Gelegenheit hatte, Posch Okarinas anzutesten, gefiel mir die Art und Weise, wie mir "Modell Japan" in den Händen lag, besonders gut.

Der Quartett-Satz, den ich dann irgendwann erhielt, besteht (bewusst) aus unterschiedlich gearbeiteten Okarinas. Die größeren sind unglasiert, die kleinen glasiert. Was einem besser gefällt, ist Geschmacksache. Die unglasierte Version ist mein Favorit, weil sie sich so schön seidig anfühlt. 

Die 11-Loch-Okarinas werden mit dem asiatischen Griffsystem gespielt. Das Subhole liegt im Bereich der rechten Hand. Die C1 ist eine 10-Loch-Okarina mit italienischem Griffsystem.

Bei den größeren Okarinas (C3 und G4) fällt der flache Korpus auf, der gut ausbalanciert in der Hand liegt. Im Bereich des rechten Daumens ist der Körper dieser beiden Okarinas so geformt, dass der Daumen über eine Rampe abrollen kann. Dadurch hebt sich bei meiner Spieltechnik die Daumenspitze etwas weiter vom Loch ab. Zwischen den Daumenlöchern hat die C3 eine Delle und die G4 eine Kerbe. Diese erleichtern eine Spieltechnik, bei der der Daumen neben dem Daumenloch auf die Kuppe gestellt wird. In der Delle zwischen den beiden Daumenlöchern findet der Daumen Halt und die Kerbe ist zusätzlich ein tastbarer Orientierungspunkt. Bei den kleinen Okarinas findet man diese Kerbe ebenfalls. Dazu weiter unten mehr.

Der Verlauf der Blasdruckkurve ist bei allen Instrumenten meines Sets sehr gut ausbalanciert und ohne Extreme an den Enden.

Naturgemäß benötigt man am oberen Ende der Tonleiter einen stärkeren Blasdruck als am unteren Ende. Die Intonation ist aber so eingerichtet, dass auch bei den höchsten Tönen ein deutlicher Intonationsspielraum nach oben gegeben ist. So lassen sich die obersten Töne ohne Anstrengung und ohne Acute Bend erreichten und man hat keine Intonationsprobleme, wenn die Okarina mal kalt gespielt werden muss.

Am unteren Ende ist die Intonation für einen leichten mittleren Blasdruck eingerichtet. Der tiefste Ton ist so eingerichtet, das der Intonationsspielraum das Unterblasen um einen Halbton erlaubt, ohne dass der Klang zittrig wird. Wer die Lowbreath-Technik beherrscht, kommt noch tiefer.

Das Subhole der verschiedenen 11-Loch-Okarinas spielt sich sehr gut ohne Breathcut. Nimmt man obendrein auch noch den Blasdruck weg, kommt man insgesamt einen Ganzton unter den Grundton.

 

Diese Okarinas verzeihen das Spiel mit zu niedrigem Blasdruck sehr gut, denn sie spielen sich auch einen Halbton tiefer mit einem stabilen, vollen, weichen Klang. Die Blasdruckkurve fühlt sich dann sehr leicht und relativ flach an. Das kommt denen, die lieber leise spielen mögen, entgegen.

Wegen dieser variablen Intonationsmöglichkeiten muss man seine Übungen unbedingt mit einem Stimmgerät kontrollieren, wenn man sich auf das Zusammenspiel mit anderen vorbereitet.

 

Der Luftverbrauch beim Spiel der Okarina ist angenehm gering. Das liegt an dem engen Ausgang des Windkanals. Der sauber gearbeitete Windkanal sorgt für einen stabilen Luftstrom, der auf ein schmales V-förmiges Labium trifft. Das alles sorgt für den feinen, klaren Klang der Okarina.

 

Ergonomie

Alle Instrumente dieses Sets liegt mir gut in der Hand. Die Finger fanden ihre Löcher auf Anhieb. Die Abstände der Grifflöcher geben meinen Fingern eine angenehme Bewegungsfreiheit. An den Enden ist genügend Platz für Stütz- oder Sicherungsgriffe. Das Steinchen auf der linken Okarinaspitze markiert die optimale Position für den Sicherungsgriff des linken Zeigefingers.

 

Der Klang der Okarinas hat einen schönen eigenen Charakter, der für meine Ohren bislang vor allem bei der C3 und der G4 deutlich wurde.

Besonderheiten der einzelnen Instrumente

Die vier Okarinas unterscheiden sich nicht nur in der Größe. Sie weisen ein paar weitere Eigenheiten auf, durch die sie sich voneinander unterscheiden. Das hatte ich mir so gewünscht, um in Workshops alternative Ausführungen der Instrumente vorstellen zu können.

SC/C1

Die kleine braune C1, also eine Sopran-Okarina in C, ist komplett transparent glasiert. Das eingravierte Datum belegt, dass sie im August 2018 gebaut wurde.

In meinem Posch-Okarina-Set ist sie die einzige ohne Subhole. Sie wird mit italienischer Griffweise gespielt. Ein deutlicher Hinweis auf dieses Griffsystem ist das kleine rechte Daumenloch.

Man kann den Halbton unter dem Grundton durch Unterblasen erreichen. Der Klang ist fein und ausgewogen. Für kurze Zeit ist er ohne Gehörschutz für meine Ohren erträglich. Grundsätzlich ist Musikergehörschutz aber immer empfehlenswert, wenn man mit sehr hohen und durchdringend klingenden Instrumenten spielt.

Auf der Daumenseite fällt zwischen den Daumenlöchern eine Kerbe auf. Das ist eine kleine Stütze für den rechten Daumen. Die ist hilfreich, wenn man den Daumen zum Öffnen auf die Kuppe stellt.

Auf den Fotos sehen Sie die beiden alternativen Daumenbewegungen beim Öffnen des Daumenlochs.

Im Video kann man sehr gut beobachten, wie Zijun Luo diese Technik einsetzt.

 

SG/G2

Auch die G2 ist komplett glasiert, allerdings farbig. Hergestellt wurde sie Mai 2019.

Diese 11-Loch-Okarina wird mit dem asiatischen Griffsystem gespielt. Sie weist eine kleine Besonderheit auf, die mich an die legendäre Ikarus Okarina erinnert: Das Subhole sitzt in einem "Kamin". Dadurch lässt sich das Subhole auf dem schlanken Okarinakörper sehr gut greifen.

Auch diese Okarina hat eine Kerbe zwischen den Daumenlöchern.

 

AC/C3 und AG/G4

Die C3 11-Loch-Okarina ist ganz neu. Kurt Posch baute sie für mich Januar 2020. Die G4 baute er bereits 2017.

Beide Instrumente sind unglasiert. Das Mundstück ist glatt versiegelt, damit die Lippen nicht am Ton hängen bleiben. Die polierte, seidenmatte Oberfläche macht die Instrumente angenehm griffig.

 

Auf den ersten Blick scheinen die beiden Okarinas abgesehen von der Größe identisch zu sein. Und in der Tat haben sie sehr ähnliche Spieleigenschaften.

Den besonderen Unterschied wird man erst gewahr, wenn man die Okarinas umdreht und die Daumenseite betrachtet. Dann erkennt man bei der C3 eine kleine runde Kerbe am Rand des rechten Daumenlochs, das die G4 nicht aufweist. Das ist keine Beschädigung, sondern ein Piano-Loch!

Das "Piano-Loch" ist sehr praktisch, wenn man mehr Dynamik ins Spiel bringen oder einfach mal leise spielen möchte. Um das Piano-Loch nutzen zu können, muss man gut mit dem Blasdruck jonglieren können. Das Prinzip ist eigentlich einfach, aber man muss erst mal drauf kommen. Öffnet man das Loch, steigt der Ton nach oben. Damit der Ton auf einer Höhe bleibt, muss man gleichzeitig den Blasdruck wegnehmen. Die Kunst besteht darin, Daumenbewegung und Blasdruck so zu koordinieren, dass sich die Tonhöhe beim Öffnen des Piano-Lochs nicht ändert.

 

Ergonomie

Das rechte Daumenloch ist bei der C3 in eine Erhebung platziert. Die sorgt dafür, dass man den Daumen mit einer kleinen, schnellen Bewegung optimal vom Daumenloch weg rollen kann. Beide Spieltechniken (Kuppe aufstellen/ Kuppe abheben) sind möglich. Bei der G4 gibt eine flache dreieckige Kerbe der aufgesetzten Daumenkuppe Orientierung.

 

Biografisches

Kurt Posch begann 1993 mit dem Okarinabau. Die Idee dazu entstand, als ihm eine Okarina zerbrach und er sie reparieren wollte. Zu dieser Zeit musizierte er mit der Okarina in der Gruppe "Brazer Okarinamusig" die er 1992 mitbegeründet hatte.

Mitglieder:

Bertram Gamohn, Renate Vonblon, Hartwig Amann, Edith Posch, Kurt Posch

Instrumente:

Okarinen, Blockflöten, Gitarre, Kontrabass, Akkordeon, Steirische Harmonika, Mundharmonika, Schwegel, Geige, Klarinette, Hackbrett.

 

Gespielt wurde und wird in unterschiedlichen Besetzungen. Das erste Video zeigt eine Aufnahme mit Musikern dieser Gruppe von 1998.

2013 gründeten Edith und Kurt Posch die Gruppe "Tonpfiff"

Musikanten: Christine Domig (Okarina), Edith Posch (Gitarre), Harald Domig (Okarina), Kurt Posch (Okarina), Margret Zingerle (Okarina)

 

Repertoire:

In dieser Gruppe dominiert die Okarina. Gespielt wird mit 4 Okarinen und einer Gitarre oder als Okarinaquintett.

Das Genre: Alpenländische Volksmusik bei der zwischendurch auch gesungen und gejodelt wird.

Auf dem internationalen Okarinafestival in Budrio erlebte ich diese Gruppe 2017 und 2019 sowohl auf der Bühne als auch auf dem Markt und in den Gassen. Die kontaktfreudigen Musiker stellten gut vom Blatt zu spielende Okarinasätze auf die Notenständer und luden zum Mittun ein.

In Baukursen gibt Kurt Posch sein Wissen weiter, um - wie er schreibt - "anderen Menschen zu zeigen, dass dieses einfache Instrument eine unglaubliche Faszination  ausüben kann".

In den letzten Videos darf man einen Blick in die Werkstatt von Kurt Posch werfen. Schaut mal rein. So eine Türklingel sieht man nicht alle Tage!  ;-)

Quellen

- http://www.ocarina.at/

- https://www.harmonikus.it/zubehoer-noten/hosensackinstrumente/poschokarina

 

-https://landumusig.ch/okarina-ein-klingendes-rueebli/

- https://www-old.eglofs.de/musikmus/Musik/Gruppen/Brazer%20Okarina.htm

- http://www.volksliedwerk-vlbg.at/?p=459

- https://www.drumherum.com/fuer-besucher/saenger-and-musikanten/teilnehmer-2016-195.html?gruppe=0376